Schlaf Forschung

Was ist Schlaf? 

Sie wissen nicht, was Schlaf ist? Wie viele Jahre Erfahrung haben Sie mit Schlafen? Schon einige Jahre und doch ist die Antwort auf diese Frage nicht einfach, auch für Schlafforscher nicht.

Das besondere am Schlaf ist, dass es ein Zustand ist, den man nicht bewusst erleben kann. Man weiss, wie es ist, wenn man gut geschlafen oder zu wenig geschlafen hat. Erfahren kann man den Schlaf sozusagen nur aus zweiter Hand, und beschreiben, was man bei anderen Menschen oder Tiere sehen und messen kann. 

Schlafkriterien

Kriterien, die es erlauben, den Schlaf bei einem Lebewesen festzustellen, sind

  • Eine typische Stellung

  • Meist an einem bestimmten, geschützten Ort

  • Wenig Bewegung

  • Verminderte Reaktion auf äussere Reize

  • Rasche Umkehrbarkeit, im Gegensatz zu Bewusstlosigkeit oder Koma

EEG

Sicher bestimmen kann man den Schlaf mit dem Elektroencephalogramm (EEG), das Gehirnströme misst. Gemessen werden Feldpotentiale, nicht etwa Aktionspotentiale. Hans Berger (1873 - 1941), ein in Jena tätiger Neurologe und Psychiater, benutzte als erster das EEG und publizierte seine Ergebnisse 1929. Das Gehirn wird also im Schlaf nicht abgeschaltet, sondern hat ein anderes Aktivitätsmuster 

Polysomnographie

In der Schlafforschung benutzt man die Polysomnographie, weil das EEG alleine zur eindeutigen Bestimmung der unterschiedlichen Schlafstadien nicht reicht. Für die Aufzeichnung des Schlafs und das Scoring (Bestimmen der Schlafstadien) wurden 1968 die Standards ausgearbeitet und publiziert, nach welchen sich die meisten Schlafforscher richten. Nach diesen Standards benötigt man im Minimum eine EEG-Ableitung (1. Linie auf dem Bild oben), das Elektrookulogramm (EOG, misst die Augenbewegungen, 2. Linie auf dem Bild) und das Elektromyogramm (EMG, misst die Muskelspannung, 3. Linie auf dem Bild), meistens wird noch das Elektrokardiogramm (EKG) aufgenommen. In der Schlafklinik werden noch viele zusätzliche Parametern registriert, wie z. B. die Atmung oder die Sauerstoffsättigung des Blutes. Beim EEG können bis zu 256 Ableitungen gleichzeitig registriert werden. Die Position der Elektroden wird durch das sogenannte 10-20 System bestimmt. 

Die Schlafstadien

Man unterscheidet REM Schlaf (rapid eye movement sleep) und non-REM Schlaf, der weiter in die Stadien 1 bis 4, welche zunehmender Schlaftiefe entsprechen, aufgeteilt wird. Das Stadium 1 ist ein Übergangsstadium zwischen Wachsein und Schlaf. Das Stadium 2 wird durch K-Komplexe und Schlafspindeln charakterisiert. Es gibt langsame und schnelle Spindeln, die unterschiedliche neuronale Substrate haben, wie Manuel Schabus und Thien Thanh Dang-Vu zeigen konnten. Die Stadien 3 und 4 werden zusammengefasst als SWS (slow wave sleep = langsamwellliger Schlaf) bezeichnet. Das ist Tiefschlaf. REM Schlaf ist auch Tiefschlaf, entdeckt wurde er 1953 durch Eugen Aserinsky und Nathaniel Kleitman in Chicago. REM Schlaf wird manchmal als Traumschlaf bezeichnet, was irreführend ist, da Träume aus allen Stadien berichtet werden. 

Die Schlafzyklen

Eine non-REM Schlaf-Episode und eine REM Schlaf-Episode bilden zusammen einen Schlafzyklus, der im Durchschnitt 90 Minuten dauert. Die Zykluslänge ist individuell, ziemlich konstant und korreliert negativ mit der gewohnten Schlafdauer. Während einer normalen Nacht durchlaufen wir mehrere Zyklen, dabei überwiegen die Stadien 3 und 4 in der ersten Nachthälfte, und in der zweiten Hälfte der REMS, dessen Episoden im Laufe der Nacht länger werden, und das Stadium 2.

Die Vigilanzzustände

Die Vigilanzzustände Wachsein, non-REM Schlaf und REM Schlaf unterscheiden sich nicht nur in der elektrischen Aktivität des Gehirns, wie sie im EEG zum Ausdruck kommt, sondern auch im Muster der funktionellen Gehirnanatomie, die in PET oder MRI dargestellt wird. Die Vigilanzzustände sind das Ergebnis der unterschiedlichen spezifischen neuronalen Aktivität in den verschiedenen Hirnregionen. Diese neuronale Aktivität zeigt sich auf der Ebene der Elektrophysiologie und der Neurochemie. Es gibt auch Gemeinsamkeiten zwischen den Vigilanzzustände, wie anhand der topographischen Verteilung der EEG-Leistung und der Antwort auf erhöhten Schlafdruck gezeigt werden konnte. Dabei weist REM Schlaf mehr Gemeinsamkeiten mit non-REM Schlaf und mit Wachsein auf als diese beide miteinander. Dass non-REM Schlaf kein einheitlicher Zustand ist wurde auch in einer fMRI Studie gezeigt.  

Das 2 Process Model

Der Schlaf/Wachrhythmus wird durch zwei Prozesse bestimmt. Der eine ist ein homöostatischer Prozess: das Bedürfnis zu schlafen nimmt mit der Wachzeit kontinuierlich zu. Dieser Prozess spiegelt sich im SWS, der langsamwelligen Aktivität. Je länger die Wachzeit vor dem Schlaf war, desto höher ist diese. Oder anders ausgedrückt, je grösser die Müdigkeit, desto langsamer schlafen wir. Der andere Prozess ist circadian (Latein circa dies = ungefähr ein Tag), ein endogener Prozess, der an die Kernkörpertemperatur und die Melatoninausschüttung gekoppelt ist. Dieser wird durch Licht massgeblich beeinflusst und ist für den Jetlag verantwortlich. Im Normalfall verursacht er ein tiefes Schlafbedürfnis in den späten Nachtstunden und Ende des Nachmittags höchste Wachheit. Diese beiden Prozesse wirken so zusammen, dass wir unter normalen Umständen den ganzen Tag frisch und wach sind und nachts gut schlafen können. Das 2-Process Model beschreibt die Schlafregulation als Funktion, welche durch das Zusammenwirken dieser beiden Prozesse bestimmt wird. Dieses Model stammt von Alexander A. Borbély, einem Zürcher Pharmakologe und Schlafforscher, der es 1982 erstmals in einer Publikation vorgestellt und danach erweitert hat. Er hat auch den Begriff der Schlafhomöostase geprägt. Wie eine Modellierung des Schlafdrucks nach veränderter Schlafdauer aussehen kann, finden Sie auf der Abbildung D der Figur 3 einer open-access Publikation.  

Die Funktion des Schlafs

Zur Funktion des Schlafs gibt es einige Hypothesen. Keine kann alleine alle Aspekte des Schlafes erklären. Wahrscheinlich gibt es nicht eine sondern mehrere Funktionen, die der Schlaf erfüllt. Sicher ist, dass Schlaf etwas eminent Wichtiges ist, sonst würden wir nicht einen Drittel unseres Lebens damit verbringen. Er ist auch im Tierreich weit verbreitet, obwohl für Tiere ein Zustand verminderter Reaktionsfähigkeit lebensbedrohend sein kann. Wären die Vorteile davon nicht grösser als die Kosten, so wäre er im Laufe der Evolution nicht entstanden oder wieder verschwunden.

Wieso schlafen wir also? Die einfache Antwort ist, um uns auszuruhen und zu erholen. Forscher möchten allerdings genau wissen, was Sich Ausruhen oder Sich Erholen heisst. 

Hypothesen

Nachfolgend einige Hypothesen von Schlafforscher, wozu Schlaf diene:

  • dem Auffüllen der Glykogenreserven

  • der Körperregeneration und Energiekonservierung

  • der Stimulation von synaptischen Strukturen, die während des Tages nicht benutzt wurden, um sie zu erhalten

  • um die Synapsen auf eine niedrigere Potenzierungsstufe zu bringen

  • zur Gedächtniskonsolidierung

  • einem stärkeren Abtransport von potentiell neurotoxischen Metaboliten aus dem Gehirn über das glymphatische System

Information zur Evolutions-Theorie (in englischer Sprache)

Das ganze Werk von Charles Darwin

Die Richard Dawkins Foundation for Reason and Science mit Videos

The Science Network mit vielen Videos zu den verschiedensten wissenschaftlichen Themen 

Nebenbei bemerkt: der Sozialdarwinismus geht nicht auf Darwin zurück; Darwin hat diese Theorie abgelehnt.