Schlaf Forschung

Schlafen und Lernen

Lernen und Schlaf ist ein Forschungsthema, das in den letzten Jahren immer mehr Beachtung fand. Der günstige Effekt des Schlafs auf das Gedächtnis haben aber schon frühere Experimente gezeigt. Jenkins und Dallenbach haben 1924 zeigen können, dass sich Versuchspersonen nach einer Schlafzeit nonsense Silben besser in Erinnerung rufen konnten als nach der gleich langen Wachzeit. Heute ist unbestritten, dass Schlaf das Gedächtnis für zuvor Gelerntes beeinflusst. Es wird auf allen Ebenen geforscht, von der molekularen und genetischen Ebene bis zum Menschen und mit der ganzen Bandbreite an Techniken, vom einfachen Verhaltenstest bis zu hochentwickelten bildgebenden Verfahren. Die Ergebnisse solcher Studien fügen praktisch täglich ein Teil zum Puzzle zu, und bestätigen, dass Schlafen nach dem Lernen einen Unterschied machen kann. Trotzdem gibt es noch viele offene Fragen: ist REM Schlaf oder non-REM Schlaf oder sind beide nötig? Haben der Zeitpunkt und die Dauer einen Einfluss? Oder kommt es auf die gelernte Aufgabe an? Da Schlaf aus den beiden alternierenden Zustände REM Schlaf und non-REM Schlaf besteht und Gedächtnis in deklaratives und nicht deklaratives Gedächtnis eingeteilt werden kann, ist es verführerisch jede Gedächtniskategorie mit einem Schlafzustand zu verknüpfen. So wurde hypothetisiert, dass non-REM Schlaf für deklaratives Lernen günstig sei und REM Schlaf für prozedurales Lernen. Es gibt tatsächlich Studien, die eine solche Verknüpfung bestätigen, allerdings gibt es auch widersprüchliche Ergebnisse. Ausserdem wurde gezeigt, dass für gewisse Aufgaben beide Zustände nötig sind.

Vor dem Lernen ist der Schlaf natürlich ebenso wichtig, da man sonst nicht aufnahmefähig ist. Das kennen Sie aus eigener Erfahrung und ist experimentell einfach nachzuweisen. 

Das Gedächtnis
Sowohl das Thema Lernen wie das Thema Schlaf sind sehr komplex. Die Gedächtnisbildung fängt mit einer Aneignungs- oder Lernphase an und wird von einer Konsolidierungsphase gefolgt. Die Konsolidierung ist ein Prozess, der neue Gedächtnisinhalte reorganisiert, um sie stabil und dauerhaft zu machen, er kann sie mitunter auch verstärken. Der erste Forscher, der die molekularbiologischen Grundlagen des Gedächtnisses untersucht hat, ist Eric Kandel. Er hat einen grossen Beitrag zum Verständnis der Vorgänge, die das Gedächtnis bilden, geleistet und für seine Arbeiten den Nobelpreis erhalten hat. In seiner Autobiographie auf der Nobelpreisinternetseite erfahren Sie mehr über seine spannende Forschung. 

Bildgebende Verfahren
Eine starke Stütze für die Hypothese, dass Schlaf eine Rolle in der Langzeit Gedächtniskonsolidierung spielt, stammt aus den funktionalen Magnetresonanz- und PET-Studien. Sie zeigen, dass die Gehirnaktivität, die beim Lernen von neuer Information auftritt, während des nachfolgenden Schlafes reaktiviert wird. Regionale Gehirndurchblutungsveränderungen während des Schlafs nach dem Lernen wurden sowohl während non-REM Schlaf als auch während REM Schlaf gefunden. Führend auf diesem Gebiet sind Pierre Maquet und Philippe Peigneux mit ihren Mitarbeitern. Eine originelle Studie, in welcher eine serielle Reaktionszeit-Aufgabe in zwei Versionen, einer probabilistischen und einer zufallsgenerierten, geübt wurde, stammt von Philippe Peigneux. Er hat damit zeigen können, dass der Effekt spezifisch für die probabilistische Version war und mit dem erreichten Niveau im Lernen der probabilistischen Regeln korreliert war. Dies legt nahe, dass das zu lernende Material strukturiert werden muss, bevor es während des Schlafes weiter verarbeitet werden kann. Mit anderen Worten, solange nichts gelernt wird, passiert danach im Schlaf auch nichts. Die Verarbeitung von Gedächtnisinhalte kann auch gleichzeitig mit dem Lernen einer weiteren Aufgabe weitergehen. So ergab das Lernen derselben Aufgabe ein anderes Gehirnaktivitätsmuster je nach zuvor gelernter Aufgabe 

Schlafentzugsstudien
Weitere Belege für die Rolle des Schlafs in der Gedächtniskonsolidierung stammen von Lernexperimente, in denen ein Teil der Versuchspersonen die erste Nacht nach dem Lernen wach gehalten wurden. Im Vergleich mit der Gruppe, die geschlafen hat, haben diese nicht nur eine verminderte Leistung und eine unterschiedliche Gehirnaktivität, sondern auch ein anderes Konnektivitätsmuster. Die Spuren solcher Interferenz sind 6 Monate später immer noch ersichtlich.

Manchmal gibt es keine Leistungsunterschiede zwischen den Gruppen, obschon die Hirnaktivität während des Tests der Aufgabe regionale Unterschiede aufweist und die Konnektivität unterschiedlich ist, je nachdem ob die Probanden in der ersten Nacht nach dem Training geschlafen haben oder nicht. So wie in einer Studie, in der beide Gruppen gelernt hatten, in einer virtuellen Stadt zu navigieren und eine gleichwertige Leistung sowohl für das Raumgedächtnis als auch für das kontextuelle Gedächtnis erreicht haben aber eine unterschiedlich Hirnaktivität aufwiesen. Die bei der Gruppe, die geschlafen hat, aktivierten Regionen weisen darauf hin, dass die Navigation automatisiert worden ist und das Gedächtnis benutzt, wohingegen bei den Probanden, die nicht geschlafen haben, keine einheitlich Strategie zum Vorschein kommt. In einer anderen Studie, in der das emotionale Gedächtnis getestet worden ist, gab es keinen Unterschied für die Bilder mit negativen Emotionen zwischen den Probanden, die in der ersten Nacht nachdem sie die Bilder gesehen hatten, geschlafen haben und denjenigen, die nicht schlafen durften, obwohl es für die neutralen Bilder und diejenigen, die positive Emotionen zeigten, Unterschiede gab. Auch in dieser Studie gibt es Unterschiede auf der Ebene der aktivierten Regionen für die negativen Emotionen. Die Orientierung im Raum und das emotionale Gedächtnis sind bei jeder Art grundlegende Fähigkeiten für das Überleben eines Individuums. Es ist also gut vorstellbar, dass es vielerlei Möglichkeiten gibt, auch unter widrigen Umständen diese Gedächtnisinhalte zu speichern und abzurufen. 

Simulation von Gehirnfunktionen
Eine Art das Lernen, den Schlaf, das Bewusstsein, kurz alle Gehirnfunktionen zu verstehen und mehr über sie zu erfahren, ist sie in Modellen nachzuahmen. Führend auf diesem Gebiet ist Terence J. Sejnowski mit seinen Mitarbeitern am Computational Neurobiology Laboratory, Salk Institute for Biological Studies. Er hat die Pauli-Vorlesungen 2008 an der ETH in Zürich gehalten.

 

Literaturlisten finden Sie auf den Internetseiten von Philippe Peigneux, vom Centre de Recherche du Cyclotron, am Ende von Originalartikel oder Sie können nach Autoren oder Themen in Pubmed suchen.