Schlaf Forschung

Frühaufsteher oder Abendmensch

Es gibt Menschen, die morgens früh aufstehen und gleich munter sind, Morgenmenschen eben. Abends gehen sie entsprechend früh schlafen. Andere, die Abendmenschen, stehen nur äusserst ungern früh auf, benötigen dann einige Zeit, um leistungsfähig zu werden. Sie kommen erst am Nachmittag in Fahrt, sind abends in bester Form und können bis Mitten in der Nacht arbeiten oder feiern. Sie haben es im Alltag weniger einfach als die Frühaufsteher, da sie gegenüber ihrem inneren Rhythmus verschoben leben müssen. Sie leiden sozusagen unter dauerndem Jetlag.

Die Mehrheit hat keinen extremen Chronotypus. Ob man ein Morgen- oder Abendmensch ist, hängt mit der inneren Uhr zusammen, es ist also ein endogener Rhythmus und ist genetisch bedingt. Die innere Uhr, die den circadianen Rhythmus vorgibt, befindet sich im suprachiasmatischen Kern. Wenn Sie einen circadianen (circa dies = ungefähr ein Tag) Rhythmus haben, der kürzer als 24 h ist, sind Sie ein Morgenmensch, wenn er länger als 24 h ist, ein Abendmensch.

Wenn Abendmenschen nach ihrem eigenen Rhythmus leben können, sind sie länger leistungsfähig als Morgenmenschen. In einer Studie (Science 324, 516), die am Centre de Recherches du Cyclotron durchgeführt wurde, war die Reaktionsgeschwindigkeit der Abendmenschen nach 10.5 Stunden Wachsein um etwa 6 % schneller als die der Morgenmenschen nach gleich langer Wachzeit und auch als ihre eigene Leistung nach 1.5 Stunden Wachsein. Nach 1.5 Stunden Wachsein unterschieden sich die Reaktionsgeschwindigkeiten beider Typen nicht. Der Schlafdruck (lesen Sie mehr in Was ist Schlaf?), der sich in der langsamwelligen Aktivität des Schlaf-EEG zeigt, war bei den Morgenmenschen höher als bei den Abendmenschen. Zudem war die mit funktioneller Magnetresonanztomografie während des Reaktionstests gemessene Aktivität in der Region des suprachiasmatischen Kerns umgekehrt proportional zur mittleren langsamwelligen Aktivität während der ersten non-REM-Schlaf Episode der vorangehenden Nacht. Es gibt also eine Wechselwirkung zwischen homöostatischen Prozessen, circadianen Prozessen und der neuronalen Aktivität dieser Region.

Die Chronobiologie befasst sich mit allem, was eine zyklische Variation aufweist. Besondere Beachtung haben dabei das Melatonin und die Körpertemperatur gefunden, die unseren Tagesrhythmus wesentlich bestimmen. Die Melatoninsekretion wird durch das Licht unterdrückt, findet also ihren Höhepunkt mitten in der Nacht, wenn wir schlafen. Das Licht ist somit der wichtigste Zeitgeber, der nicht nur den circadianen Rhythmus steuert sondern auch andere biologische Rhythmen wie die Reproduktion oder die Hibernation bei Tieren.

Die Saisonal abhängige Depression (SAD) ist eine lichtabhängige zyklische Störung, die sehr gut mit Licht zu therapieren ist. Eine Pionierin in der Forschung auf diesem Gebiet ist  Anna Wirz-Justice, die nicht nur eine grosse Forscherin sondern auch ein engagierter Mensch ist.

Wenn Ihr endogener Rhythmus nicht mit dem natürlichen Tag/Nacht Rhythmus übereinstimmt, weil Sie z. B. über mehrere Zeitzonen gereist sind, so leiden Sie unter Jetlag. Das beste Mittel, die innere Uhr wieder richtig zu stellen, ist, morgens früh ans Tageslicht zu gehen.